GIS-Geschichte

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Bereits Ende der 50er Jahre begannen die Entwicklungen, die später zum Entstehen von GIS führten. Damals entstanden die Ideen für rechnergestützte räumliche Präsentationen und Überlagerungen sowie erste Anwendungen von einfachen Vektorgraphiken und Drahtmodellen, wie z.B. dem ersten Geländemodell am Massachusetts Institute of Technology (MIT). In den 60er Jahren wurden erste Anwendungen der digitalen Bildverarbeitung (Rastertechnik) eingesetzt und es entstand quasi parallel in dem 'Harvard Laboratory for Computer Graphics and Spatial Analysis' und an der ETH Zürich die Idee der unabhängigen Datenebenen, die allerdings bereits 1927 von Hettner in der Theorie entwickelt worden war. Damit war das GIS geboren. In Kanada gab es mit dem CGIS ein erstes groß angelegtes Projekt. Der Begriff GIS entstand allerdings erst auf dem ersten großen GIS-Symposium das von Roger Tomlinson im Jahre 1970 organisiert wurde. Während die Entwicklungen (und die Forscher) von Harvard unter anderem in der Firma ESRI und dem Produkt Arc/Info aufgingen, entwickelte sich auch in der Schweiz die Idee für das GIS in eine kommerzielle Richtung, zunächst bei der Firma Digital (nicht zu verwechseln mit DEC), später übergehend an die Firma Adasys. Während ESRI heute praktisch als der GIS-Marktführer weltweit - zumindest für den klein- und mittelmaßstäbigen Bereich - angesehen werden kann, hat Adasys bisher nur in der Schweiz Bedeutung erlangt.


Nach [BARTELME 1995] kann die Entwicklung von GIS in fünf teilweise überlappende Phasen eingeteilt werden:

  1. 1955 - 1975: Zeit der Pioniere; individuelle, isolierte Lösungswege der Entwickler
  2. 1970 - 1985: Zeit der Behörden, Entwicklung von Konzepten (z.B. ALK - Automatisierte Liegenschaftskarte) und beginnende Umstellung von Basisdaten in digitale Form, GIS als Erfassungswerkzeug.
  3. 1979 - 1990: Die Zeit der Firmen. Es entsteht ein GIS-Markt, die Hardware wird leistungsfähig und eine Umstellung von Großrechnern auf Workstation findet statt.
  4. 1988 - 1998: Die Zeit der Nutzer. GIS entwickelten sich mehr und mehr weg von Universalwerkzeugen hin zu Systemen, die - modular aufgebaut - einen Werkzeugkasten darstellen, der, jeweils an Benutzerwünsche angepaßt, zu sogenannten Fachschalen zusammengestellt werden kann.
  5. Ab ca. 1995: Zeit des offenen Marktes: Angebot und Nachfrage statt behördlicher Vorgaben und einiger Großprojekte bestimmen den Markt sowohl für GIS-Software als auch für Geodaten.

Während der ersten Jahre standen die Forscher noch vor Schwierigkeiten, die heute kaum mehr nachvollzogen werden können. Ein kleines Beispiel soll dies verdeutlichen: 1974 berichtete [DOUGLAS 1974] unter dem Titel "It makes me so CROSS" über das Problem der Linienverschneidung. Nachdem er sein Geradenschnitt-Programm fertig hatte, stürzte es immer wieder mit unerklärlichen Fehlermeldungen ab. So überschritt z.B. der Kreuzungspunkt von nahezu parallelen Geraden die numerische Grenze des Computers. So etwas mußte mit einem Test auf Parallelität vorab abgefangen werden. Aber wenn die Geraden tatsächlich parallel waren? Ein weiterer Vorab-Test natürlich. Da der Geradenschnitt mit der Geradengleichung y = mx + b berechnet wurde, ergaben sich unendliche Steigungen für vertikale Linien. Eine vertikale Linie wurde daher als Rechteck mit einer geringen Toleranz beschrieben. Was aber, wenn es sich um zwei dicht beieinander liegende, vertikale, parallele Linien handelte? Probleme gab es außerdem, wenn eine Linie genau an einer anderen beginnen sollte oder eine dritte Linie genau durch den Startpunkt von zwei (oder mehreren) anderen lief und so weiter und so fort.

Solche Probleme sind heute zwar weitgehend gelöst, aber natürlich tauchen immer wieder neue auf. Insbesondere die Abstraktion vom bekannten analogen, graphischen Kartenbild zu Bits und Bytes und die sich daraus ergebenden neuen Anforderungen stellen einige Systeme auch heute noch vor erhebliche Probleme. Genauer gesagt: Es gibt kein System das sämtliche Aufgaben, die allgemein im GIS-Umfeld auftauchen lösen kann. SCHILCHER [1996] bringt die Probleme als "Schlußfolgerungen aus der Praxis" auf den Punkt:

  • Es gibt kein einheitliches Datenmodell, daß allen GIS-Anwendungen gerecht wird.
  • Es gibt keine universell nutzbaren Geodaten.
  • Es gibt keine (völlig) maßstabslosen Geodaten.
  • Es gibt keine universell einsetzbaren Herstellersysteme.
  • Es gibt erhebliche Probleme beim Datenaustausch.
  • Es gibt erhebliche Defizite in der Standardisierung und Normierung.

Trotz aller noch vorhandener Defizite leisten Geographische Informationssysteme heute wertvolle Dienste in allen Belangen räumlicher Datenverwaltung und Entscheidungsfindung. Die Leistungsfähigkeit nimmt immer mehr zu, und so stehen GIS heute vor einem Durchbruch in sämtliche Bereiche raumbezogener Informationen. Einen wesentlichen Beitrag hierzu hat sicher die Entwicklung weg von graphikorientierten hin zu informationsorientierten (objektorientierten) Systemen geleistet und nicht von Ungefähr beginnen die großen Datenbank-Hersteller - allen voran ORACLE - neue, räumliche Datentypen und Abfragemöglichkeiten (GeoSQL) für ihre relationalen Systeme zu schaffen.


1955 - 1975: Zeit der Pioniere

individuelle, isolierte Lösungswege der Entwickler

1970-1979

1971

  • Das Canada Geographic Information System (CGIS) kommt zum operationellen Einsatz.

1972

  • Der erste Landsat-Satellite wird gestartet (ursprünglich ERTS-1 genannt).
  • Das General Information System for Planning (GISP) wird vom UK Department of the Environment entwickelt.

1973

  • The USGS began development of Geographical Information Retrieval and Analysis System (GIRAS) to management and analyse large land resources databases being created.

1974

  • The first AUTOCARTO conference held in September 1974, in Reston, Virginia. (Although the AUTOCARTO series really started the year before as the International Symposium on Computer-Assisted Cartography).
  • Experimental Cartography Unit (ECU) established at the Royal College of Art in London.

1970 - 1985: Zeit der Behörden

Entwicklung von Konzepten (z.B. ALK - Automatisierte Liegenschaftskarte) und beginnende Umstellung von Basisdaten in digitale Form, GIS als Erfassungswerkzeug

1976

1977

1978

1979 - 1990: Die Zeit der Firmen

Es entsteht ein GIS-Markt, die Hardware wird leistungsfähig und eine Umstellung von Großrechnern auf Workstation findet statt.

1979

  • The ODYSSEY GIS in den Harvard Laboratories entwickelt das erste moderne, Vektor-orientierte GIS.

1980-1989

1981

1982

  • Der 80286-Prozessor wird verfügbar - Taktrate 6 MHz.
  • [Landsat] Thematic Mapper wird gestartet.

1983

  • Entwicklung von EZS-Interaktiv mit Anwendungen aus dem kommunalen Bereich sowie Energieversorgungssektor - einschließlich EDBS-Schnittstelle.

1984

  • 1. International Spatial Data Handling Symposium, Zürich.
  • Beginn Einsatz des BGRUND-Verfahrens in Baden-Württemberg
  • Marble, Calkins & Peuquet "Basic Readings in Geographic Information Systems" publiziert.
  • Beginn der Entwicklung des ATKIS-Konzepts

1985

  • Der 80386-Prozessor wird verfügbar.
  • Die Entwicklung von GRASS- Geographic Resources Analysis Support System beginnt in den US Army Construction Engineering Research Laboratories.

1986

  • Start des ersten SPOT-Satelliten
  • Das Graphische Kernsystem (GKS) wird als DIN und ISO-Norm verabschiedet.
  • SQL wird als ANSI-Standard verabschiedet.
  • SICAD auf dem PC als Erfassungsarbeitsplatz.
  • Peter Burrough veröffentlicht "Principles of Geographic Information Systems for Land Resources Assessment", zu dieser Zeit das Standardwerk im GIS-Bereich.
  • 2. International Spatial Data Handling Symposium, Seattle
  • Der erste SPOT Satellit wird gestartet.

1987

  • "Handling Geographic Information : the report of the Committee of Inquiry", auch Chorley-Report gennant, erscheint. Er trägt wesentlich zur Förderungn der GI-Technologie in Großbrittanien bei.
  • The International Journal of Geographical Information Systems wird publiziert.
  • Idrisi Project von Ron Eastman (Clark University) initiiert.

1988 - 1998: Die Zeit der Nutzer

GIS entwickelten sich mehr und mehr weg von Universalwerkzeugen hin zu Systemen, die - modular aufgebaut - einen Werkzeugkasten darstellen, der, jeweils an Benutzerwünsche angepaßt, zu sogenannten Fachschalen zusammengestellt werden kann.

1988

  • UK's Regional Research Laboratory (RRL) Initiative.
  • T. GIS/LIS Conference in den Vereinigten Staaten.
  • Der GIS-L Internet list-server wird von Ezra Zubrow, State University of New York at Buffalo, installiert.

1989

  • Der Prozessor 80486 DX ist verfügbar.
  • Stan Aronoff. "Geographic Information Systems : a Management Perspective" publiziert.
  • 1. AGIT-Symposium in Salzburg Beginn der ATKIS-Datenerfassung

1990-1999

1990

1991

  • Das umfangreiche GIS-Kompendium "Geographical Information Systems : Principles and Applications" (Maguire, Goodchild, Rhind) wird in erster Auflage publiziert.

1992

1993

  • Start von SPOT 3
  • Der Pentium -Prozessor wird verfügbar - mit 60 MHz.

1994

Ab ca. 1995: Zeit des offenen Marktes

Angebot und Nachfrage statt behördlicher Vorgaben und einiger Großprojekte bestimmen den Markt sowohl für GIS-Software als auch für Geodaten

1995

  • Oracle 7.1.6 Multidimension - punktbezogene raumbezogene Daten können in einer Standard-Datenbank abgelegt werden.

1996

1997

  • Oracle 7.3.3 Spatial Data Option - Speicherung von Punkten, Linien, Polygonen, räumliche Operatoren

1998

  • Oracle 8.0.4 Spatial Cartridge

1999

  • ATKIS DLM 25/1 Bayern-weit fertiggestellt.
  • Oracle 8i - Punkte, Linien, Polygone (auch verschachtelt), räumliche Operatoren, im objekt-relationalen Datenbankmodell
  • ALKIS-Projekt gestartet.

seit 2000

2000

2001

2002

2003

2004

2005

Literatur

  • Bartelme, N. (1995): Geoinformatik - Modelle, Strukturen, Funktionen. Springer Verlag.
  • Douglas, D. (1974): It makes me so CROSS. In: Peuquet, Marble (Hrsg.): Introductory Readings in Geographic Information Systems. Taylor & Francis.

Weblinks