Topologie

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Beschreibung

Topologie.gif

Die Topologie muss im Zusammenhang der Verwaltung von Raumdaten gedanklich klar von der Topografie unterschieden werden.

Die Topografie beschäftigt sich mit der Vermessung, Darstellung und Beschreibung der Erdoberfläche und der mit dieser fest verbundenen natürlichen und künstlichen Objekte. Sie wird durch Topografen und/oder Vermessungsingenieure vorgenommen und ihre Ergebnisse werden in topografischen Karten bzw. digitalen Landschaftsmodellen dargestellt. Die Topologie dagegen beschäftigt sich mit den nichträumlichen und strukturellen Beziehungen beliebiger Elemente in abstrakten Räumen (Definition nach Bill:1999).

Sie geht auf die Graphentheorie als ein Teilgebiet der Mathematik zurück, das die Eigenschaften von Graphen und ihre Beziehungen zueinander untersucht. In der Graphentheorie ist ein Graph eine Menge von Punkten (man nennt diese dann Knoten oder auch Ecken), die eventuell durch Linien (sog. Kanten bzw. Bögen) miteinander verbunden sind. Die Form der Punkte und Linien spielt in der Graphentheorie keine Rolle. Topologische Strukturen sind sozusagen bewusst mit ganz bestimmten Inhalten und Beziehungen aufgeladen und sind exakt definiert durch ihre logischen Zusammenhänge. Eine topologische Struktur bietet den Vorteil, raumbezogene Objekte ohne Kenntnis ihrer Koordinaten in ihren gegenseitigen Beziehungen manipulieren zu können. Für die abgebildeten Figuren müssen nur

  • Geschlossenheit
  • Schnittpunkttreue
  • Trennung innen/außen
  • Randpunkteigenschaften

erhalten bleiben. So sind die beiden oben rechts abgebildeten Formen topologisch identisch.

Die topologischen Grundgrößen eines räumlichen Objekts sind

  • p-Anzahl der Punkte (Knoten)
  • l-Anzahl der Linien (Kanten)
  • f-Anzahl der Flächen (Maschen)
  • v-Anzahl der Volumenelemente (Körper).

Der Begriff Topologie, wie wir ihn heute kennen, geht auf Johann Benedikt Listing zurück, der ihn im Jahre 1847 erstmals im Schrifttum verwendete. Leibniz, der sich schon wesentlich früher mit topologischen Fragestellungen beschäftigte, gebrauchte dafür noch den Ausdruck 'analysis situs'. Ausgangspunkt seiner Forschungen war die Suche nach einem Kalkül, das unabhängig von Maßverhältnissen war. Nach heutiger Auffassung gehört auch das von Leonhard Euler formulierte 'Königsberger Brückenproblem' (1736) zu einem Teilgebiet der Topologie, nämlich der Graphentheorie.

In der heutigen GIS-Praxis sind deshalb vor allem die nicht-metrischen Eigenschaften des Raumes Gegenstand von topologischen Betrachtungen. Nach gängiger Auffassung bildet der topologische Aspekt, neben dem geometrischen und dem semantischen, eine der drei Säulen der Datenmodellierung. Dies macht deutlich, welche Bedeutung der Topologie in diesem Zusammenhang beigemessen wird. Betrachtet man das Objekt (im fachlichen Sinne), dann sind es vor allem die Beziehungen zu anderen Objekten (Nachbarschaftsbeziehungen), die man mittels der Topologie abbilden möchte.

Laut Net-Lexikon (www.net-lexikon.de) ist die Topologie die Lehre von Lage und Anordnung geometrischer Gebilde im Raum. Sie behandelt die Eigenschaften geometrischer Objekte (Kurven, Flächen, Räume), die bei umkehrbar eindeutigen, stetigen Abbildungen erhalten bleiben. Die Topologie gehört zur Mathematik bzw. Geometrie und hat enge Verbindungen zur Gruppentheorie und zu räumlichen Informationssystemen (GIS).

Die Topologie beschreibt damit Nachbarschaftsbeziehungen zwischen Geoobjekten (z.B. die Verbindung zwischen Leitungsabschnitten oder auch die benachbarte Lage zweier Flächen (z.B. Grundstücke), die sich eine gemeinsame Grenzen teilen). Bildlich kann man sich Topologie so vorstellen, dass sich die topologische Beziehung von Objekten nicht ändert, wenn man sie auf einen Luftballon aufmalt und diesen aufbläst. Die Geometrie ändert sich mit der Größe des Ballons, die Nachbarschaftsbeziehungen aber bleiben gleich.

Die Topologie wird z.B. bei der Netzverfolgung in Versorgungsnetzen (von welcher Station wird ein Hausanschluss versorgt, welche Einleitungsstellen liegen im Zulauf zu einer Abwassermesstelle) oder auch bei der Routensuche in Straßennetzen genutzt. Die Flächentopologie wird bei Analysen (liefere eine Liste aller Eigentümer der angrenzenden Grundstücke) und Plausibilitätsprüfungen (Grund- bzw. Flurstücke bilden ein geschlossenes "Netz" und dürfen keine "Löcher oder Überlappungen aufweisen) genutzt.

Verkehrsverbundsplan.jpg

Beispiele

Ein Beispiel für eine rein topologische Darstellung linearer Strukturen sind Schemapläne für Netzinformationssysteme oder die Verkehrsverbundspläne des öffentlichen Personennahverkehrs.

Aufgrund der oft sehr großen Datenvolumina in geografischen Informationssystemen (GIS) sind topologische Methoden unerlässlich. Erst die Vereinigung geometrischer mit topologischen Daten ermöglicht überhaupt umfassende Informationsabfragen in einem GIS.

Durch sie können

  • Konsistenzprüfungen
  • Nachbarschaftsbeziehungen
  • kürzeste Wege

überprüft und berechnet werden.\\

ArcGIS

Topologie in der Geodatabase

Innerhalb einer oder zwischen mehreren Feature Classes können geographische oder geometrische Beziehungen zwischen den Elementen festgelegt werden, z.B. dass zwischen Flächenobjekten keine Leerräume auftreten oder sich bestimmte Objekte nicht überschneiden dürfen. In ArcCatalog können diese Regeln mit Hilfe eines Assistenten festgelegt und dann automatisiert überprüft werden.

GRASS GIS

Topologie in der GRASS database

In GRASS GIS werden Vektordaten grundsätzlich topologisch gehalten. Beim Import von Daten (auch OGC Simple Features) werden Vektordaten automatisch auf ihre topologische Konsistenz geprüft und gegebenenfalls mit wählbaren Parametern korrigiert. Fehlerhafte Vektorobjekte werden auf Wunsch in eine Fehlerkarte zur späteren Inspektion übertragen. Topologische Beziehungen können generell analysiert, automatisiert korrigiert und modifiziert werden. Beim Export wird das topologische Modell wieder in OGC Simple Features rückübertragen.

Links

Literatur (Auswahl)

  • Egenhofer M. et al.: Topological relations between regions with holes. IJGIS, 1994, Vol. 8, No. 2, 129-142.
  • Egenhofer M., Franzosa R.: On the equivalence of topological relations. IJGIS, 1995, Vol. 9, No. 2, 133-152.
  • Kufoniyi O. et al.; Topologic Consistency Operations in Vector Maps. GIS, 4/1995, 7-13.
  • Langran, G.: Time in Geographic Information Systems. 1992, Taylor & Francis.
  • Lee Y, Chin F.: An iconic query language for topological relationships in GIS. IJGIS, 1995 Vol. 9,No. 1, 25-46.
  • Raafat H. et al.: Relational spatial topologies for historical geographical information, IJGIS 1994, Vol. 8, No. 2, 163-173
  • Schubert H.: Topologie. B. G. Teubner Stuttgart, 1975.
  • Volkmann L.: Fundamente der Graphentheorie. Springer, 1996.